Pränataldiagnostik

Sehr geehrte Patientin,

zusammen mit Ihnen freuen wir uns über Ihre Schwangerschaft und auf Ihr Kind. Wir werden Sie in Ihrer Schwangerschaft begleiten, Ihre Fragen beantworten und uns zuverlässig um Ihr Wohlergehen und das Gedeihen Ihres Kindes kümmern.


Ihre Krankenkasse bezahlt Untersuchungen und Behandlungen, die für eine gewissenhafte und sichere Basisversorgung notwendig sind.


Es gibt weiterführende Untersuchungen, die bei bestimmten Sorgen oder Fragen ratsam sind, die aber nur bei besonderen Gründen von der Krankenkasse bezahlt werden.


Hierzu möchten wir Ihnen nähere Informationen geben. 

 

Das Hintergrundrisiko für kindliche Auffälligkeiten beträgt unabhängig vom Alter 2–5%, das heißt, dass 9.500 von 10.000 Kindern gesund sind.

 

Von 100 kranken Kindern haben ungefähr [1]

 

  • 9 eine Chromosomenstörung, davon 7 eine der Trisomien 13, 18 oder 21 (s.u.),
  • 20 Auffälligkeiten im Bereich von Nieren oder Geschlechtsorganen, 
  • 8 einen Herzfehler, jeder 4. Herzfehler ist ein „schwerer Herzfehler“ (s.u.), 
  • 7 eine Skelett- oder Muskelerkrankung, 
  • jeweils 5 eine Gehirn- oder Gesichtsfehlbildungen, 
  • jeweils 3 seltene Syndrome (z.T. genetische Veränderungen auf kleinsten Chromosomen-abschnitten) oder Bauchwanddefekte, 
  • 40 „geringfügige“ Fehlbildungen 
  • und 2 sonstige Erkrankungen 

 

Damit liegen bei 80 von 100 kranken Kindern keine „genetischen“ Ursachen vor, die in einem Bluttest gefunden werden können sondern Veränderungen, die nur im Ultraschall (soweit möglich) erkennbar sind. 


[1]
 gerundet für bessere Lesbarkeit

Was kann untersucht werden?

  • Chromosomenstörungen

    Normalerweise enthalten Ei- und Samenzelle vor der Befruchtung jeweils 23 Erbgutträger (Chromosomen), sodass nach deren Verschmelzung die befruchtete Eizelle 23 Chromosomenpaare und so insgesamt 46 Chromosomen enthält. Auch alle Körperzellen des daraus entstehenden Babys enthalten jeweils identische Kopien dieser 46 Chromosomen. 

    Es kann aber vorkommen, dass ein Chromosom zu viel oder zu wenig in Ei- oder Samenzelle war, sodass das Baby später in jeder Körperzelle 47 Chromosomen oder auch nur 45 hat. Dann liegt eine Chromosomenstörung vor. 


    Grundsätzlich kann solch eine Verteilungsstörung jedes Chromosom betreffen aber bei den meisten kommt es schon in den ersten Wochen der Schwangerschaft zur Fehlgeburt. Am häufigsten zur Geburt eines lebenden Kindes kommt es, wenn ein zusätzliches Chromosom Nr. 21 vorhanden ist. Das Kind hat dann in jeder Zelle drei Chromosomen Nr. 21, man spricht von einer Trisomie 21, auch Down-Syndrom oder (veraltet) Mongolismus. 


    Das Risiko steigt mit dem Alter der Mutter und des Vaters (ab 55 Jahren)  und ist unabhängig von vorherigen Schwangerschaften. 


    Wir Frauenärzte müssen Ihnen ab 35 Jahren zusätzliche Untersuchungen empfehlen; die Entscheidung, in welchem Alter und ob Sie das möchten, liegt bei Ihnen. 


    Für das Auftreten eines Down-Syndroms (Trisomie 21) ist das Risiko für eine 36 jährige Schwangere zum Beispiel 1:280. Das heißt, dass von 280 36-jährigen Schwangeren eine ein Kind mit Trisomie 21 erwarten wird.    


    Hier haben wir Ihnen die Risiken für Schwangere verschiedenen Alters aufgelistet: 


    20 Jahre             1 : 1.527 

    25 Jahre             1 : 1.352 

    30 Jahre             1 :  895 

    32 Jahre             1 :  659 

    34 Jahre             1 :  446 

    36 Jahre             1 :  280 

    38 Jahre             1 :  167 

    40 Jahre             1 :   97 

    42 Jahre             1 :   55 

    44 Jahre             1 :   30 


    Bei den selteneren Trisomien der Chromosomen Nr. 13 (Pätau-Syndorm) oder Nr. 18 (Edwards-Syndrom) verhält es sich ähnlich, andere Chromosomenstörungen können gleich häufig in jedem Alter auftreten. Die Vorhersagegenauigkeit auf Grund des Alters beträgt nur ca 40%.

  • Erbkrankheiten

    Dies sind Erkrankungen, die in einer Familie gehäuft vorkommen und von einer Generation auf die nächste vererbt werden. In einem Beratungsgespräch kann versucht werden zu klären, ob es sich bei der Erkrankung um eine erbliche Krankheit handelt und ob es möglich ist, in der Schwangerschaft zu untersuchen, ob das Kind von der Erkrankung betroffen sein wird. Da die Gruppe dieser Erkrankungen sehr vielfältig und das Risiko in einer unbelasteten Familie sehr gering ist, sind vorgeburtliche Suchtests, sofern vorhanden, in nicht betroffenen Familien nur selten sinnvoll. 

  • Fehlbildungen der Organe des Kindes

    Auch ohne erbliche Belastung kann es vorkommen, dass sich einzelne Organe oder auch Gruppen von Organen des Kindes untypisch entwickeln. Solche Fehlbildungen können, müssen aber nicht, zu gesundheitlichen Problemen des Kindes führen. Am häufigsten betroffen sind das Herz, die Nieren oder das Gehirn des Kindes (s.o.). Oft ist es dann wichtig, das Kind schon während der Schwangerschaft engmaschiger zu überwachen, im Einzelfall auch schon zu behandeln und manchmal eine spezielle Klinik für die Entbindung zu wählen. Erkennbar werden diese Fehlbildungen häufig erst im zweiten oder dritten Drittel der Schwangerschaft, manchmal kann es in der Frühschwangerschaft aber schon Hinweise geben. 

  • Störungen der kindlichen Blutversorgung

    Bei manchen Kindern kommt es vor allem im letzten Drittel der Schwangerschaft zu Problemen der Blutversorgung durch die Mutter. Manchmal, aber nicht immer, treten dabei auch Erkrankungen der Mutter auf (hoher Blutdruck, Gerinnungsstörungen oder Schwangerschaftsdiabetes).

    Zu früheren Zeiten in der Schwangerschaft kann man manchmal Warnzeichen für solche späteren Probleme finden, die Störungen können aber auch ohne Vorwarnung auftauchen. 

Welche Untersuchungsverfahren gibt es?

Ersttrimesterscreening mit individueller Risikoberechnung

(auch Nackentransparenzmessung/frühe Organdiagnostik genannt)

Zwischen der 12. und 14. Schwangerschaftswoche lagern die Kinder Flüssigkeit im Bereich des Nackens ein. Bei manchen Kindern ist dies verstärkt der Fall und kann dann zusammen mit Veränderungen bestimmter Blutwerte der Mutter einen Hinweis auf eine Chormosomenstörung (z. B. ein Down-Syndrom) geben.     

 In sehr großen Studien an über 100.000 Schwangerschaften wurden diese Messwerte mit der Risikoerhöhung für einen Chromosomenfehler des Kindes überprüft, die Vorhersagegenauigkeit ist deutlich besser, als die Abschätzung über das Alter der Mutter (bis ca 90%).

Zusammen mit einem ausführlichen Ultraschall (frühe Organdiagnostik) incl. des kindlichen Nasenbeins, der intakten Funktion einer Herzklappe und dem Blutfluss zwischen Mutter und Kind wird die Zuverlässigkeit der Risikoberechnung noch genauer und kann dann auch auf andere Fehlbildungen, z. B. einen Herzfehler oder einen offenen Rücken, hinweisen.

Dies ermöglicht es uns auch die Kinder, die aus der Anamnese der Mutter kein Risiko erkennen lassen, bestmöglich zu entdecken und Therapieoptionen aufzuzeigen.

Zeigt die Risikoberechnung ein erhöhtes Risiko (>1: 300) für eine Chromosomenstörung, werden eine Gewebeentnahme am Mutterkuchen (ab der 11. SSW) oder eine Fruchtwasseruntersuchung (ab der 15.SSW) durchgeführt (s.u.).
Der NIPT (Nicht-Invasiver-Pränatal-Test, s.u.) reicht für eine sichere Diagnose nicht aus.

Der sogenannte Tripel-Test, der früher für die Risikoberechnung für ein Down-Syndrom oder einen offenen Rücken angewendet wurde, ist deutlich unzuverlässiger und wird von uns daher nicht mehr durchgeführt.
Bei einem mittleren Risiko (1: 301- 1: 1000) kann ein NIPT weitere Klärung bringen (s.u.).

Nicht invasiver pränataler Test (NIPT)

(auch Nackentransparenzmessung/frühe Organdiagnostik genannt)

Hierbei werden durch eine Blutentnahme bei der Mutter darin befindliche Bruchstücke der mütterlichen Chromosomen und kindlicher Chromosomen aus dem Mutterkuchen (Placenta, d.h. keine Zellen des Kindes) zugeordnet, vermehrt und verglichen. Bei Störungen der kindlichen Chromosomenverteilung fallen diese im Rahmen einer Wahrscheinlichkeitsrechnung mit hoher Sicherheit auf, sehr selten kann es aber zu Fehlberechnungen kommen. Dies ist ein wichtiger Unterschied zur Chromosomenanalyse (s.u.).

Eine Ultraschalluntersuchung des Kindes findet beim
NIPT nicht statt. 

Die Erkennungsrate für die Chromosomenstörungen 21, 13 und 18 ist unterschiedlich gut und abhängig von der Menge der kindlichen Zellen in der Probe. Andere Chromosomenstörungen oder Fehlbildungen des Kindes können mit diesen Tests nicht sicher erkannt oder ausgeschlossen werden.

Ist das Ergebnis eines NIPT-Testes auffällig, muss zum definitiven Nachweis der Erkrankung immer noch eine Fruchtwasseruntersuchung oder Probenentnahme aus dem Mutterkuchen erfolgen.

Wir empfehlen den NIPT in Zusammenhang mit dem Ersttrimesterscreening. (s. DEGUM: 10 goldene Regeln für die Durchführung eines NIPT- Tests).

Da genetische Veränderungen, die im NIPT nachgewiesen werden können, nur einen kleinen Teil der angeborenen Fehlbildungen von Kindern ausmachen (s.o.), halten wir die mit der Nackenfaltenmessung verbundene Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung von Fehlbildungen für essentiell.


Für Mehrlingsschwangerschaften ist der NIPT z Zt nicht sinnvoll nutzbar. 

 

Seit Juli 2022 ist der NIPT nach ausführlicher Beratung der Schwangeren gemäß Gendiagnostikgesetz (Qualifikation dafür liegt in der Praxis vor) Leistung der gesetzlichen Krankenkasse.

Der Test soll „der Schwangeren eine Auseinandersetzung mit ihrer individuellen Situation hinsichtlich des Vorliegens einer Trisomie (…) ermöglichen. Ein statistisch erhöhtes Risiko für eine Trisomie allein reicht für die Anwendung dieses Tests nicht aus“. Es lässt sich „keine Risikoschwelle, mit der eine weitergehende diagnostische Klärung geboten erscheint, prospektiv festlegen“. (zitiert aus G-BA Entscheidung zum NIPT Test)

Invasive Diagnostik

Um eine Chromosomenstörung des Kindes zuverlässig feststellen zu können und auch um bei speziellen Fragestellungen seltenere Störungen des Erbgutes finden zu können, muss man Zellen des Kindes im Labor untersuchen. Dafür muss man entweder vom Mutterkuchen oder aus dem Fruchtwasser Zellen gewinnen.

Probenentnahme vom Mutterkuchen: Chorionzottenbiopsie     
ab 12.SSW (Kind > 40 mm
)
Hier wird Gewebe vom Mutterkuchen entnommen. Dazu wird eine dünne Nadel unter Ultraschallsicht durch die Bauchdecke zum Mutterkuchen geführt um dort Zellen zur Untersuchung zu entnehmen. Ein vorläufiges Ergebnis liegt in der Regel nach 2-4 Tagen vor, muss aber durch eine ca. 2-wöchige Zellkultur bestätigt werden. Das untersuchungsbedingte Fehlgeburtsrisiko liegt bei ca. 1 auf 1.000 Probenentnahmen.

Fruchtwasseruntersuchung: Amniozentese
ab 15. SSW
Hier wird unter Ultraschall-Kontrolle durch die Bauchdecke der Mutter Fruchtwasser aus der Gebärmutter entnommen. Darin befinden sich Zellen des Kindes, an denen nach einer zwei- bis drei-wöchigen Zellkultur die Chromosomen untersucht werden können. Mit Hilfe der FISH–Technik (Fluoreszenz–in-situ-Hybridisierung) oder der PCR (Polymerase-chain-reaction) kann bereits nach ein oder zwei Tagen ein vorläufiges Ergebnis bzgl. Trisomie 13, 18, oder 21 erzielt werden. 
Zusätzlich können bei der Amniozentese Eiweißstoffe im Fruchtwasser einen Hinweis auf einen offenen Rücken des Kindes oder ähnliche Fehlbildungen geben. Das Fehlgeburtsrisiko liegt bei ca. 1 auf 1.000 Probenentnahmen.

Bei beiden invasiven Diagnostikmethoden werden Chromosomenveränderungen, die die Anzahl der Chromosomen und deren grobe Struktur betreffen, untersucht.

Kleine Strukturveränderungen oder gar einzelne Gendefekte werden nicht erkannt.

Daher besteht bei allen Erkenntnissen, die die vorgeburtliche Diagnostik uns ermöglicht, dennoch nicht die Garantie für ein gesundes Kind. 

In seltenen Fällen kann es vor allem bei der Amniocentese vorkommen, dass keine oder zu wenig kindliche Zellen gewonnen wurden oder die Zellen in der Zellkultur nicht oder zu langsam wachsen. Dann wird die Untersuchung wiederholt. 

Bei Mehrlingsschwangerschaften wird die invasive Diagnostik für jedes Kind einzeln durchgeführt.

Vergleich der Untersuchungsmöglichkeiten in der Frühschwangerschaft

Vorsorgekonzept lt. Mutterschutzrichtlinien / Erweiterung der Vorsorge

Ultraschall

Durch den Ultraschall kann die körperliche Entwicklung Ihres Kindes untersucht werden. Man kann verfolgen, ob das Kind gut wächst, ob sich die verschiedenen Organe zur richtigen Zeit am richtigen Ort und in richtiger Form entwickeln oder ob Hinweiszeichen für Störungen erkennbar sind.
Die gesetzliche Krankenkasse sieht drei Ultraschalluntersuchungen im Laufe einer unauffälligen Schwangerschaft vor: 9. – 12. SSW, 20. – 22. SSW und 29. – 32. SSW.

Untersuchungen in der Mitte der Schwangerschaft


In der Mitte der Schwangerschaft ist bei allen Schwangeren eine ausführlichere Ultraschalluntersuchung des Kindes vorgesehen. Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Kosten für eine Untersuchung, in der nach groben Auffälligkeiten der Organentwicklung des Kindes gesucht und sein Wachstum gemessen wird (Vorsorge A). Bei der Vorsorge B werden zusätzliche Organsysteme, das Gehirn, die grobe Struktur des Herzens mit seinen vier Herzkammern und die Körperkonturen untersucht.

Bei besonderen Indikationen (ab 35 J, Mehrlinge, best. Vorerkrankungen, kranken Kindern in der Vorgeschichte oder der Familie, schlechten Sichtbedingungen oder kindl. Auffälligkeiten) wird die sog. Organdiagnostik durchgeführt.
 
Ultraschall in der 20. – 22. Schwangerschaftswoche mit Organfehlbildungsdiagnostik und Untersuchung der Blutversorgung nach den Richtlinien der DEGUM Stufe II
Mit einem hochauflösenden Ultraschallgerät werden dabei alle Organsysteme des Kindes gründlich untersucht um nach Hinweisen auf Fehlentwicklungen zu suchen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Herzen, dessen richtiger Aufbau und Funktion mithilfe farbcodierter Blutflussmessungen (Doppleruntersuchung) überprüft wird.

Auch die Versorgung des Kindes durch die Mutter kann gemessen werden. Hierbei können sich auch frühe Hinweise auf eine spätere sogenannte „Schwangerschaftsvergiftung“ der Mutter finden.   
Die Lage des Kindes, die Fruchtwassermenge oder die Struktur der mütterlichen Bauchdecken können manchmal die Beurteilbarkeit des Kindes beeinträchtigen, doch auch bei optimalen Bedingungen sind nicht immer alle Auffälligkeiten erkennbar und nicht alle Erkrankungen eines Kindes sind überhaupt im Ultraschall darstellbar. 

Fallen bei der Untersuchung gesundheitlich relevante Abweichungen von der normalen Entwicklung auf, so kann sich in manchen Fällen eine engmaschigere, intensivere Überwachung der weiteren Entwicklung anschließen. Manchmal ist es auch sinnvoll, z. B. eine besondere Klinik für die Geburt zu wählen oder diese per Kaiserschnitt zu planen. In seltenen Fällen ist sogar eine Therapie des Kindes noch im Mutterleib zu überlegen. 

Bei Indikationen (s.o.) müssen Sie diese spezielle Ultraschalluntersuchung nicht selbst bezahlen. 

Folgeuntersuchungen oder Behandlungen, die sich aus einem auffälligen Befund ergeben, sind durch die Krankenkasse gedeckt. 

 

Falls keine Besonderheiten vorliegen und Sie diese Untersuchung wünschen, sind die Kosten von Ihnen selbst zu tragen, wobei viele gesetzliche Krankenkassen inzwischen einen Teil der Kosten dieser auch bei Eltern ohne Risiko sinnvollen Untersuchung übernehmen. Sprechen Sie uns an, wir helfen Ihnen dabei.

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